Buchtherapie – Heilen durch Teilen und Genesen durch Lesen.
Hier findest du eine Kurzgeschichte zum Thema Buchtherapie.
Diese Erinnerung habe ich mit Hilfe meines Schreibspiels „The Magic 8 Buchtherapie“ im Januar 2024 exploriert.
Mein erstes Mal
Wann alles begann.
In der Schule hatten wir im Ethikunterricht das Thema „Sexueller Missbrauch“.
Ungefähr zur gleichen Zeit fiel mir das Buch „Ich war zwölf …“ von Nathalie Schweighoffer in die Hände.
Sie zog mich in ihren Bann, in ihr Leben.
Ich verschlang die Seiten innerhalb weniger Tage.
Plötzlich, während ich las, fielen mir die Worte meiner Freundin Nancy ein.
Es waren nur Wortfetzen, vergessen am nächsten Tag.
Doch während ich das Buch von Nathalie las, kamen sie umso deutlicher zurück, wie ein hässlicher Hund aus dem Tiefschlaf, der mich lange Zeit nicht in Ruhe ließ.
Im Alter von 7 Jahren hatte mir Nancy ganz nebenbei beim Spielen erzählt, dass sie den Penis von ihrem Vater streicheln durfte.
Mit 16 hörte ich diese Worte in einer unbeschreiblichen Tiefe und fühlte mich schuldig.
Was ich damals unbewusst erlebte, praktiziere ich seit meinem ersten Buch ganz bewusst: „Buchtherapie – Heilen durch Teilen und Genesen durch Lesen“.
Schreiben befreit mich.
Es ermöglicht mir, mich zu sortieren, räumt meinen Kopf auf und hilft mir auszusprechen.
Der Ursprung liegt in meiner Depression.
Als ich Ende 2015 das letzte Gespräch mit meiner Therapeutin hatte, fragte ich, ob ich gesund sei.
Sie sagte: „Ja, aus medizinischer Sicht sind Sie schon seit Wochen gesund. Doch viel wichtiger bei einer Krankheit, die man nicht sieht, ist, wann Sie sich für gesund halten. Wann können Sie sagen: ‚Ich bin nicht mehr depressiv‘?“
Meine Antwort kam spontan: „Wenn ich darüber schreiben kann.“
Manchmal wünschte ich mir, ich würde vorher den Kopf einschalten, bevor ich etwas aus dem Bauch heraus sage.
Es vergingen Wochen, Monate, Jahre.
Ich sprach offen über meine Depression und die Zeit in der Klinik.
Doch sprechen ist nicht aufschreiben.
Für mich ist da ein großer Unterschied.
Für 2019 machte ich das Buchprojekt zur Priorität Nr. 1.
Es sollte kein langweiliges Sachbuch werden, sondern ein tiefer Blick in meine Vergangenheit.
Ich überlegte mir einen Buchtitel und ließ den gesamten Buchumschlag von meiner Grafikerin erstellen, weil ich ein Ziel vor Augen brauchte.
In den ersten 2 Monaten passierte rein gar nichts.
Ein Jahr ist lang …
Im März, ich war gerade in Hongkong bei einem Kunden, da hatte ich die Idee für eine Gliederung und plötzlich flossen die ersten Worte nur so aus mir raus.
Die Zeit verging wie im Flug und die Seiten füllten sich.
Ich beobachtete meine Gedankenwelten und war fasziniert von mir selbst.
Doch an mein Kliniktagebuch kam ich noch nicht ran.
Ich fand viele Ausreden.
Diese Schreibblockade war ein Schutz vor dem, was in dem Tagebuch auf mich lauerte – die Schatten der Vergangenheit.
Letztlich stellte ich mich ihnen und veröffentlichte im Dezember 2019 mein erstes Buch „Das Leben ist BUND – Die lange Depression“.
Eine Buchtherapie ist ein Seelentalk.
Die Schreibseele spricht zur Leseseele.
Diese hört aufmerksam zu.
Sie öffnet nicht nur ein Buch, sondern sich selbst.
Sie öffnet sich für die Gedanken und Gefühle der Schreibseele.
Dann geschieht die Magie.
Jedes Buch ist ein Aufräumbuch der einzelnen Kapitel des eigenen Lebens.
So empfand ich damals das Buch von Nathalie.
Auch heute lese ich so diese höchstpersönlichen Seiten.
Buchtherapiebücher werden für das eigene Selbst geschrieben – und sie sind ein Geschenk für andere.
Deshalb sollte die Schreibseele auch Titel und Cover gestalten.
Es gehört zum Aufräumen dazu und zeigt den Entwicklungsstand.
Gerade bei dieser Art von Büchern gilt: Ein Buch sollte niemals nach seinem Umschlag bewertet werden.